Das Leben und Werk von Egon Schiele
Egon Schiele (1890-1918) war ein österreichischer Maler, der für seine bahnbrechenden expressiven Werke bekannt - und bis heute geschätzt - ist.
Schiele gilt als einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der österreichischen Moderne und als zentraler Künstler des österreichischen Expressionismus. Seine Werke sind bekannt für ihre Intensität und ihre Radikalität, die eine neue Wahrheit jenseits des Konventionellen darstellen.
In seinen Werken thematisierte Schiele häufig den menschlichen Körper und das Gesicht, wobei er sich auf unkonventionelle Perspektiven und Techniken konzentrierte. Er war auch dafür bekannt, Nacktheit und Sexualität in seinen Werken zu thematisieren, was zu seiner Zeit als skandalös und provokativ galt.
Obwohl Schieles Karriere relativ kurz war (er starb im Alter von nur 28 Jahren), hatte er großen Einfluss auf die Kunstwelt seiner Zeit und seine Werke sind auch heute noch relevant und inspirierend für viele Künstler.
Egon Schiele in Tulln erleben
Egon Schiele Geburtshaus
2013 wurde das Geburtshaus des Jahrhundertkünstlers am Tullner Hauptbahnhof neu konzipiert und attraktiv aufbereitet: Die einzelnen Räume der Bahnhofswohnung erzählen mittels eines modernen Audio-Systems bewegende Geschichten der Familie Schiele. Ein eigens für das Geburtshaus kreiertes Comic führt junge Menschen auf eine Erlebnistour durch das junge Leben des Künstlers.
Adresse: Bahnhofstraße 69, 3430 Tulln
Öffnungszeiten: täglich 9-20 Uhr (Apr-Okt) bzw. 9-17 Uhr (Nov-März)
Eintritt: Einwurf einer 2-Euro-Münze im Münzautomat
Egon Schiele Weg
Der Themenweg führt zu allen Schiele-Attraktionen und wichtigen Schauplätzen seiner Kindheit. Dabei erfährt der Besucher spannende Geschichten über den Ausnahmekünstler. Die Aufbereitung mit historischen Bildern, Hörtexten und Videos macht den Schiele-Weg zum Erlebnis für die ganze Familie.
Start Themen-Rundweg: Hauptbahnhof Tulln, Bahnhofstraße 69, 3430 Tulln
Distanz: 3,6 km
Dauer: ca. 90 min.
Schwierigkeit: leicht - barrierefrei
Egon Schiele Museum
Das Egon Schiele Museum zeigt in einer eigens eingerichteten Schatzkammer Originalwerke des Künstlers, die jeweils ein Kapitel seines Lebens beleuchten. Sechs Stationen im Obergeschoß des Museums rekonstruieren mit Zeitzeugengesprächen und animierten historischen Aufnahmen sechs wichtige Stationen aus Egon Schieles Leben in Wien und Niederösterreich.
Adresse: Donaulände 28, 3430 Tulln
www.schielemuseum.at
Öffnungszeiten: Mai- Oktober,Di bis So und Fei, 10-17 Uhr
Egon Schieles frühes Leben
Egon Schieles Eltern und Geschwister
Egon Leo Adolf Ludwig Schiele wurde am 12. Juni 1890 als drittes Kind von Adolf Eugen Schiele, Stationsvorstand des dortigen Bahnhofs, und dessen Gattin Marie Schiele, geborene Soukup, im niederösterreichischen Tulln an der Donau geboren. Er hatte drei Schwestern, Melanie, Gertrude und Elvira. Letztere verstarb aber bereits im Alter von 10 Jahren an Gehirnhautentzündung.
Kindheit und Jugend in Tulln und Krems
Egon Schiele verbrachte seine Kindheit und Jugend in Tulln an der Donau und später in Krems und Klosterneuburg. Bereits in jungen Jahren zeigte er großes Interesse an Kunst und begann, seine Umgebung zu zeichnen.
Entdeckung des künstlerischen Talents in Klosterneuburg
Schieles künstlerisches Talent wurde von Wolfgang Pauker und Ludwig Karl Strauch, dem Religions- und dem Zeichenlehrer am Klosterneuburger Gymnasium, sowie durch den Klosterneuburger Maler Max Kahrer erkannt und gefördert. Durch ihre Unterstützung erhielt Schiele seine erste künstlerische Ausbildung.
Bewerbung an der Wiener Akademie der bildenden Künste
1906 bewarb sich der junge Schiele an der Wiener Akademie der bildenden Künste und wurde mit großem Lob „glänzend“ aufgenommen. Mit 16 Jahren war Schiele der jüngste Student seines Jahrgangs.
Beginn der Karriere
Einstieg in die Wiener Kunstszene durch die Neukunstgruppe
Nach zunehmenden Spannungen mit seinem Lehrer Christian Griepenkerl, einem konservativen, dem Historismus verpflichteten Maler, verließ Schiele 1909 die Akademie und gründete mit Studienkollegen und einigen Gleichgesinnten die Neukunstgruppe, die sich für von der älteren Künstlergeneration und deren traditionelle Themen unterscheiden wollte. Die Gruppe war eine wichtige Plattform für junge Künstlerinnen und Künstler, um ihre Werke der Öffentlichkeit zu präsentieren und Kontakte zu knüpfen. Durch die Neukunstgruppe konnte Schiele als junger Künstler in Wien Fuß fassen.
Erste Ausstellung und Anerkennung
Schiele bezog 1907 sein erstes eigenes Atelier in der Kurzbauergasse 6 in der Leopoldstadt, in der Nähe des Wiener Praters und stellte seine Werke erstmals 1908 in einer öffentlichen Ausstellung im Kaisersaal des Stiftes Klosterneuburg aus. Im Rahmen der „Internationalen Kunstschau 1909“ wurden neben Werken von Vincent van Gogh, Edvard Munch, Oskar Kokoschka, Henri Matisse und anderen auch vier Werke von Schiele präsentiert, die aber kaum beachtet wurden.
1911 hatte Schiele seine erste Einzelausstellung in der renommierten Wiener Galerie Miethke, die eine große Auszeichnung für den jungen Künstler darstellte. Vor allem seine radikale Darstellung des menschlichen Körpers sorgte für Kontroversen und brachte ihm den Ruf eines Skandalkünstlers ein. Dennoch erlangte Schiele durch seine Ausstellung erste Anerkennung in der Wiener Kunstszene. Er galt nun als einer der innovativsten und interessantesten Künstler der Wiener Moderne und seine Werke wurden nach und nach auch international bekannt.
Die richtungsweisende Bekanntschaft und Freundschaft mit Gustav Klimt
Um 1907 lernte Schiele den bedeutenden Wiener Künstler Gustav Klimt kennen, der zu dieser Zeit ein Superstar europäischen Formats gewesen ist. Klimt beeindruckte Schiele durch seine Kunst, den unglaublichen Erfolg der Werke und Ausstellungen sowie durch seinen väterlich-freundschaftlichen Stil, mit dem er die jüngere Künstlergeneration begleitet hatte. Klimt wurde Schieles Mentor und die beiden entwickelten eine enge Beziehung.
Klimt unterstützte Schiele bei seinen Ausstellungen, vermittelte ihm wichtige Kontakte in der Kunstwelt und half ihm, seine Werke zu verkaufen. Auch wenn Schiele bald seinen eigenen künstlerischen Stil entwickelte, blieb die Freundschaft zu Klimt prägend für ihn.
Künstlerische Entwicklung und Höhepunkte
Wendepunkt zum expressionistischen Stil
Egon Schieles Frühwerk war noch stark vom Naturalismus geprägt. In den Jahren 1908 und 1909 näherte er sich dem Schaffens von Gustav Klimt an, sagte selbst später, er sei „durch Klimt gegangen“. Im Jahr 1910 wandte sich Schiele dem Expressionismus zu und entwickelte einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil. Bahnbrechende Werke entstanden.
Künstlerischer Einfluss von Gustav Klimt und Vincent van Gogh
Schieles Begegnung mit Gustav Klimt prägte seine künstlerische Entwicklung entscheidend. Von Klimt übernahm er den dekorativen Aspekt in seinen frühen Werken. Auch der Einfluss Vincent van Goghs ist in Schieles Werken deutlich zu erkennen. Van Goghs teilte mit Schiele eine Liebe zum Motiv der Sonnenblumen und deren bildhafte Darstellung in leuchtenden Farben.
Selbstfindung und Grenzerfahrungen in der Kunst
Schieles Werk ist häufig geprägt von Grenzerfahrungen und der Suche nach dem eigenen Ich. Häufig thematisiert er den menschlichen Körper, insbesondere sich selbst und den weiblichen Akt. Schieles Menschendarstellungen wirken oft zerbrechlich und verletzlich, besonders im Selbstporträt zeigt der Künstler Extremerfahrungen des eigenen Daseins.
Mitgliedschaft im Bund Österreichischer Künstler
1913 wurde Schiele Mitglied im Bund Österreichischer Künstler, dessen Präsident Gustav Klimt war. Im selben Jahr stellte er seine Werke auf verschiedenen Ausstellungen in Österreich, Deutschland und Ungarn aus. Von der Kritik zunächst kontrovers aufgenommen, wurde Schiele von vielen Künstlern seiner Zeit bewundert und geschätzt. Heute zählt Schiele zu den bedeutendsten Vertretern des österreichischen Expressionismus.
Musen und Beziehungen
Liliana Amon
Liliana Amon war ein Modell Egon Schieles, dem er in der schwierigen Lebensphase ihrer Schwangerschaft beistand. Schiele, der nicht der Vater des Kindes war, vermittelte sie an die Klinik des befreundeten Arztes Erwin von Graff, wo sie ihr Kind zur Welt brachte. Amon war ein wiederkehrendes Motiv in jenen Blättern Schieles, die an der Universitätsfrauenklinik entstanden sind.
Wally Neuzil und der Skandal um Schieles Lebensstil
1911 lernte Egon Schiele 1911 Wally Neuzil kennen. Mit ihr verband ihn nicht nur eine intensive Liebesbeziehung, sie wurde auch seine wichtigste Begleiterin. Gemeinsam zogen sie nach Krumau, dem Geburtsort seiner Mutter. Diese Phase in Schieles Leben war künstlerisch sehr produktiv, doch sein exzentrischer Lebensstil und seine expliziten Darstellungen seiner Modelle, stießen in der böhmischen Kleinstadt auf Widerstand. Schiele übersiedelte daraufhin nach Neulengbach und wollte dort für immer bleiben, doch auch in Niederösterreich erregte er den Unmut der Bevölkerung. Die „Affäre Neulengbach“ beendete im April 1912 Schieles Landleben, der Künstler verbrachte drei Wochen im Gefängnis. Von nun an war Schiele in Wien wohnhaft.
Hochzeit mit Edith Harms und Bruch mit Wally Neuzil
1915 wurde Schiele zum Kriegsdienst einberufen und heiratete kurz vor seiner Versetzung nach Prag seine langjährige Freundin Edith Harms. Mit der Heirat musste Schiele sich von Wally trennen. Hauptwerke der Kunstgeschichte geben darüber Auskunft, wie schwer Schiele diese Trennung gefallen ist.
Militärdienst und späte Jahre
Einzug in den Kriegsdienst und künstlerische Beschäftigung als Militärzeichner
1915 wurde Egon Schiele zum Kriegsdienst eingezogen. Er musste seine künstlerische Laufbahn unterbrechen. Trotz seiner militärischen Verpflichtungen – etwa in Mühling nahe Wieselburg – gelang es ihm, sich in geringem Umfang künstlerisch zu betätigen. Er schuf zahlreiche Naturstudien und Porträts von Soldaten. Ob es sich um österreichische Offiziere oder kriegsgefangene russische Soldaten handelte machte für Schiele keinen Unterschied.
Rückkehr nach Wien und weitere Ausstellungen
1917 wurde Schiele nach Wien versetzt. Hier konnte er sich wieder seiner künstlerischen Arbeit widmen und zeigte seine Werke in verschiedenen Ausstellungen. Schnell wurde er wieder für seine ungewöhnlichen und provokanten Werke und als wichtiger Vertreter der Wiener Moderne anerkannt.
Letzte Werke vor seinem Tod
Vor seinem Tod hatte Schiele seinen größten Erfolg. Bei der 49. Ausstellung der Secession des Jahres 1918 wurde Schiele international gefeiert.
Tod durch die spanische Grippe im Alter von 28 Jahren
1918 brach in Wien die Spanische Grippe aus. Edith Schiele, die im sechsten Monat schwanger war, erlag der Krankheit am 28. Oktober. Auch Egon Schiele infizierte sich und starb am 31. Oktober 1918 im Alter von nur 28 Jahren. Sein Tod war ein großer Verlust für die Kunstwelt. Trotz seines kurzen Lebens hatte er einen großen Einfluss auf die moderne Kunst und seine Werke sind bis heute von großer Bedeutung.
Die Bedeutung von Schieles Werk
Egon Schiele war einer der einflussreichsten Künstler seiner Zeit, der mit seinen ungewöhnlichen und provokanten Werken die Kunstwelt und die Moderne maßgeblich geprägt hat. Sein Vermächtnis und die Rezeption seiner Werke sind bis heute präsent und beeinflussen die zeitgenössische Kunstszene.
Einfluss auf die Kunstwelt und die Moderne
Schieles Kunst ist geprägt von seinem persönlichen Stil, der sich dem Menschenbild in neuer Weise nähert. Seine neue, expressionistische Ausdrucksweise zeigt nicht mehr die Souveränität des Einzelnen, sondern seine Verzweiflung. Nacktheit war für Schiele etwas Natürliches und Normales, ganz im Gegensatz zur Wahrnehmung seiner Zeitgenossen, die darin den Skandal fanden. Landschaften Schieles sind voller Symbole, Blumen und Bäume erscheinen wie Menschen in seinen Bildern.
Vermächtnis und Rezeption seiner Werke
Schieles Vermächtnis und seine Werke sind bis heute präsent. Sie werden weltweit ausgestellt und in zahlreichen Publikationen gewürdigt. Schiele gilt als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts und seine Werke werden von Sammlern und Kunstliebhabern geschätzt. In der zeitgenössischen Kunstszene ist Schieles Werk nach wie vor von großer Bedeutung und gilt als Inspirationsquelle für viele Künstler. Seine einzigartige Ausdrucksweise und sein persönlicher Stil werden bis heute bewundert und nachgeahmt.
Wichtigkeit von Schieles Kunst für die Kunstgeschichte
Schieles Kunst hat einen wichtigen Platz in der Kunstgeschichte eingenommen und gilt als wegweisend für die Entwicklung der Moderne. Sein Werk beeinflusste nicht nur die Kunstwelt seiner Zeit, sondern auch nachfolgende Künstlergenerationen. Schieles Malerei trug dazu bei, die Konventionen der Kunstwelt zu durchbrechen und neue Ausdrucksformen zu entwickeln. Seine Aktdarstellungen und Porträts waren provozierend und leisteten einen wesentlichen Beitrag, das Verständnis von Schönheit und Ästhetik zu erweitern. Das Hässliche wurde zum Schönen.
Bedeutende Werke von Egon Schiele
Das "Grimassierendes Aktselbstbildnis" des Jahres 1910 ist in jenem Jahr entstanden, als Schiele die meisten Selbstdarstellungen fertigt und zum Expressionismus findet. Viele dieser Werke sind mit Blick in den Spiegel entstanden.
Weitere bedeutende Gemälde
1. Tod und Mädchen (1915)
2. Selbstbildnis mit Lampionblume (1912)
3. Hockender weiblicher Akt (1910)
4. Kardinal und Nonne (Liebkosung) (1912)
5. Mutter mit zwei Kindern II (1915)
6. Kauerndes Menschenpaar (Die Familie) (1918)
7. Häuser mit bunter Wäsche (Vorstadt II) (1914)
8. Tote Stadt III (Stadt am blauen Fluss III) (1911)
9. Bildnis Gertrude Schiele (1909)
10. Umarmung (Liebespaar II) (1917)